Sonntag, 30. Dezember 2007

Wir sind Zahlen.

Nachtrag:
Wir schreiben den 13. Dezember 2007.


Wir sind Zahlen.


Du bist eine 3, er ist eine 5, ich bin eine 2. Der da ohne echte Freunde ist eine 1. Und die da, mit den wundgeriebenen Augen ist eine 6, sie fühlt sich ungerecht behandelt – die 4 neben ihr ist zufrieden. Die 1 steht ganz oben, manche sagen „die Beste!“, manchmal ist es aber auch so, dass die 1 das selber sagt, um sich besser zu fühlen. Was sie ja auch darf, schließlich hat sie für ihre Position ganz oben so einiges aufgeben müssen. Zum Beispiel musste sie viel Zeit aufwenden, um bereits Gekautes wieder und wieder in den Mund zu nehmen, das kann die 1 mittlerweile ganz gut, um nicht zu sagen; sie ist ein wahrer Meister des Wiederkäuens, des Einverleibens, des simplen Nichtdenkens, des Kopierens, was anderes kann sie ja eigentlich gar nicht.
Die gute 2 war jedoch nicht so scharf darauf, jedes Wort und jedes Bild auswendig zu lernen. Die 3 noch weniger, von den anderen nicht zu schweigen. Sie nutzten die Zeit lieber für sich selbst, für eigene Gedanken, eigene Erkenntnis.

Fremdes in den Mund zu nehmen, das ist das Wissen, welches die 1 zur 1 macht. Aber was bringt uns das? Wir, die Weisen, die Genügsamen, die Künstler.
Wir bringen die Revolution, wir wollen keine Zahlen sein.
Wenn wir Fremdes in den Mund bekommen, schlucken wir es nicht, wie die 1 es tut, wir schmecken es, und wenn es nicht mehr schmeckt, dann spucken wir es im hohen Bogen wieder aus, denn wir sind keine Wiederkäuer.
Wir wissen nämlich, was uns wichtig ist, und was nicht. Die 1 kennt keine Wichtigkeit und Nichtigkeit, sie ist blind für jeden Gegensatz, eigene Erkenntnis wird ihr immer verwehrt bleiben.

Wir sind Zahlen.


MK.