Freitag, 26. Februar 2010

It's over.



Polyfeucht begann vor knapp 27 Monaten als Gemeinschaftsprojekt von fünf Schülern, von denen nur noch einer übrig ist. Wir hatten ein paar Neuzugänge, die sich im Laufe der Zeit allerdings beinnahe allesamt wieder verkrümelt haben.

Denn so ist das im Leben; die Leute kommen und gehen, besonders wenn man noch so jung ist und noch so viel zu lernen hat. Man wächst aus seinen Schuhen raus, lässt Hobbies liegen, verschreibt sich Dingen, die man kurz davor noch gar nicht verstanden hat. Das Weltbild muss erst noch gemalt werden, und es stehen nicht von Anfang an alle Farben bereit. Jung sein bedeutet impulsiv sein, spontan sein, naiv sein. Fehler machen, Grenzen ausreizen, wollen, wollen, wollen.

Doch irgendwann ist man so weit gewachsen, so weit gereist, dass man keinen Schritt mehr machen kann, sondern ein paar Stufen steigen muss, damit es weiter geht. An solch einem Punkt befinde ich mich mit dem Webbloggen.

Polyfeucht hat mir immer Spaß gemacht, ich habe viel gelernt, viel geschrieben, viel gedacht, viel gelacht. Ich blicke zurück auf (für mich persönlich) 217 Posts, im Kopf überschlagen bedeutet dies rund 8 Posts pro Monat. Doch in den letzten Wochen waren es erheblich weniger; ich habe viele Posts angefangen, die noch darauf warten, fertig geschrieben zu werden. Auch der polyfeuchte Sinn ist mittlerweile stark verfehlt, und statt hier alleine weiterzumachen und es trotzdem weiter "poly" zu nennen, wäre doch nur selbstironisch. Also habe ich einen neuen Blog gegründet, meinen ganz ureigenen, in meinem ganz ureigenen neuen Stil, der sich hier entwickelt hat. Go check it out! It's called

brotzblog

Warum nicht sofort in die Lesezeichen setzen? Es lohnt sich, hehe.
Nunja, nun ist es an der Zeit, Abschied zu nehmen, vorwärts zu blicken und mutig grinsend den Hang hinaufzuklettern. Bis dann!

Danke an meine Mitschreiber und an alle kritischen Kommentare, Danke aber vor allem für jedes Lob und jede Minute, die ihr hier verbracht habt.

It's over now.


MK.

Montag, 1. Februar 2010

Monstertöten


Soeben der Beschluss: Ein neuer Post muss her. Ich weiß nicht, was mich heute morgen zu dieser Idee beflügeln ließ. Pünktlich um 9 Uhr aß ich mein Brötchen; biss kräftig in die krossige Kruste und nach ein paar Schlucken Tee kam ich zu der einmaligen Erkenntnis, dass mich nichts anderes beflügeln ließ, als ein argkräftiger Schicksalsschlag, der mich während meiner nächtlichen Schlummerruhe am Hinterkopf traf. Schwupp, mein Körper sandte ein paar Hormone aus und diese überbrachten meinem Gehirnlein die frohe Botschaft. Auch wenn Du nun lachen magst, ich stehe zu meiner Theorie, denn anders sind die verrückten Dinge, die Menschen zu tun pflegen, nun wirklich nicht zu erklären.

Menschen essen Dörrobst und Fleichsalat; Menschen kaufen mehr Schuhe, als sie Füße haben und jemals haben werden; Menschen erfinden Spielkonsolen, mit denen man den Garten ins Haus holen kann. Sie sind begeistert, dass sie nun einen Controller schwingen können, als wäre er ein Tennisschläger und sie finden es toll, wie sehr die Virtualität doch schon an die Realität heranreicht; stehen nebeneinander vor'm 36'' Fernseher und veranstalten ein Tennismatch, während im Schuppen, da draußen, die realen Tennisschläger einsam und verlassen vermodern. Der Schicksalsschlag ist Schuld! Sie bringen diese bizarren Ideen, diesen Irrwitz ins Haus.

Die Erfindung der Wii war so. Es war Samstag, der Japaner hatte gut geruht. Heute musste er nicht arbeiten; er fühlte, es war ein besonderer Tag. Er saß gemütlich in seinem Wohnzimmer, sein Rücken ruhte an der Wand, sein Blick auf seinem Fernseher, seine Hände aber umklammerten einen Controller. Der Japaner war Mario und er verfolgte irgendein bösartiges Monster. Das Monster wurde immer schneller, aber Mario nicht; der Japaner drückte fester auf die Tasten, wirkungslos. Seine Frau kam herein, warf einen verächtlichen Blick auf ihren Mann, der nun schwitzend und mit vor Anstrengung verzerrter Miene mit Mario fieberte. Sie konnte ihn nicht verstehen und ging. Der Japaner war ein wenig wütend auf seine Frau, aber in der kleinen Wohnung, sie hatte weder Garten noch Balkon - lag sie doch einen halben Kilometer über dem Erdboden - war es kaum möglich ihr auszuweichen. Das deprimierte den Japaner. Er legte den Controller beiseite, Mario war längst gestorben – das Monster hatte ihm einen schicksalhaften Schlag auf den Hinterkopf verpasst; der Japaner überlegte, wie er all seine Probleme auf einmal lösen könnte. Die Wii war geboren. Sie verlegt Draußen nach Drinnen, lässt die Wohnung virtuell bis in die Unendlichkeit wachsen, ohne dabei Nachteile wie Sand mit herein in die gute Stube zu schleppen. Sie verfügt über Bewegungssensoren, die die Position und Bewegung des Controllers registrieren – nun kann der Japaner ungehemmt zappeln und fiebern, ohne dass irgendjemand ihn dumm ansieht. Außerdem gibt es "Wii Sports", ein Spiel, das selbst für Frauen nachvollziehbar ist, denn Sport ist bekanntlich gut für die Figur.

Ich sehe aus dem Fenster: Schnee. Wie kam Gott eigentlich auf diese irrwitzige Idee? Auch er muss Opfer eines Schicksalsschlag gewesen sein. Denn wozu Schnee? Hat er denn irgendeinen Nutzen? Die Wii ist doch viel praktischer. Drinnen ist's viel gemütlicher.

Der Schnee ist unangetastet, nur wenige Schneemänner zieren die Straßen. Kinder, die draußen spielen, sind Raritäten. Man könnte ja dreckig werden. Die Abhänge sind einsam, gespentische Stille herrscht, kein Kinderlachen - Schlittenfahren ist out. Monstertöten lautet die Devise. Virtualität siegt über Realität. Traurig ist es schon. Wie sollen die Kinder eigentlich mal etwas selbst machen, wenn sie immer nur vor etwas gesetzt werden. Fertige Welten, gebaut aus Milliarden Pixeln – aber wo bleibt die Fantasie?

Die Fantasie, die aus Stöcken Menschen werden lässt; die Fantasie, die ohne Anleitung aus Legosteinen Häuser und Städte wachsen lässt; die Fantasie, die in der Maserung der Tapete Wildschweine entdeckt; die Fantasie, die Puppen ohne Batterien zum Sprechen bringt; die Fantasie, die Kinder einen Fasan malen lässt, obwohl sie nie einen sahen; ... die Fantasie, die uns einst zu all den irrwitzigen Ideen verleitete. Ja, wo eigentlich.

A.G.