Freitag, 26. September 2008

TODESMAGNET die Zweite

Der ein oder andere wird sich noch an den Todesmagneten erinnern.
Mit Metallica hat sich ein erster würdiger Gegner finden lassen.
Aber selbst die können es nicht mit ihm aufnehmen :>

Das neue Album "Death Magnetic" ist schon seit dem "Floppen" von St. Anger ein heiß diskutiertes Thema, und jetzt, 14 Tage nach dem offiziellen Releasetermin, will ich - als ehemaliger Metallicavergötterer - auch mal meinen Senf dazugeben.





















Was Metallica geschafft haben:

An ihren 80er-Jahre-Sound anzuknüpfen.
Spätestens seit dem Release von Load wurden die Stimmen der Fans lauter, die sich den rohen Thrashmetal aus den frühen Achzigern zurückwünschten. Ganz so weit reicht die musikalische Rückbesinnung nicht - in Jahreszahlen ausgedrückt würde die neue Scheibe zwischen 1989 und 1990 passen, also übertragen auf die Diskographie zwischen der Justice und dem Black Album einzuordnen sein. Im Grunde ist Death Magnetic - instumental betrachtet - die zweite Justice: Fetter Sound, eingängige und mitrießende Riffs, ein fast-Hit (Ballade, 4. Track) für das ein Video gedreht wurde und Assoziation mit Krieg zulässt, ein Instrumentalstück als vorletzter Track und andere Kleinigkeiten. Trotzdem sollte man Death Magnetic unabhängig der anderen Alben betrachen, weil es trotz der frappierenden Ähnlichkeit mit der Justice doch einen eigenen Klang und ein eigenes Konzept hat.


Ihr Plattenlabel zu befriedigen.
"Jungs... befriedigte Fans sind die besseren Fans. Ihr wisst das genau so gut wie wir - macht doch mal wieder was... Altes. Dann klappts auch mit den Verkaufszahlen. Zwei mal US-Platin war erniedrigend!". Naja, das Black Album werden sie verkaufszahlentechnisch eh niemals wieder toppen können. Aber St. Anger dürften sie diesmal überbieten. Was das ganze natürlich bremst: Unrechtmäßige Kopien, die ja heutzutage gang und gäbe sind.


Einen riesen Trubel um die ganze Sache zu machen.
Erstmal wurde das Album schon 2005 angekündigt, ich erinnere mich noch an die News, die Andy damals auf WorldofMetal stellte, mit der Info, dass Rick Rubin der Produzent sein würde und die Jungs schon fleißig am Songsschreiben wären. Der Gedanke an die Metallica-Ultras, die drei Jahre lang jeden Tag metallica.com aufrufen, um mehr zum nächsten Album zu erfahren, lässt mich schmunzeln. Zwischen 2005 und 2008 spielten Metallica hauptsächlich Liveshows unter dem Banner "Escape from the Sutido" oder "Sick of the Studio", wieder ein dezenter Hinweis darauf, dass man vielleicht eventuell bald in Ferne etwas erwarten dürfte.
Und als es dann so weit war, wurde das Album in unnötig vielen verschiedenen Versionen angekündigt. Einerseits die Special Sarg-Edition, dann als Limited Vinyl-Box, als limitiertes Digipack oder auch die ganz normale Variante. Lange vor dem offiziellen Verkaufsstart gab es ja schon die Vorbestellboxen mit einer silbernen oder goldenen Plastikkarte drin, die zusätzlich zum noch nicht erschienenen Album einen Mission Metallica Zugangscode beinhaltete.
Als weiteren Countdown bot das Label Vertigo ein paar Cover von Metallica-Klassikern an. German Tribute to Metallica nannte sich das ganze, und mit dabei waren Madsen, In Extremo, Kilians, Donots und Muff Potter.


Einen grandiosen Start der Death Magnetic Ära hinzulegen.
Und zwar mit dem Releasekonzert in der nagelneuen O2-World. Mit Zentralbühne und einer überzeugenden Präsenz spielten sie das erste Konzert in der Arena. Videos davon gibt es genug, z.b. von den steilen Rängen aus gesehen oder auch direkt von vor der Bühne.



Was Metallica nicht geschafft haben:

An die Covertradition der 80er anzuknüpfen.
Das neue Cover ist zwar einfallsreich, aber irgendwie seicht und unpassend im Vergleich und Bezug auf die Cover der 80er-Alben. Die Eingängigkeit des neuen Covers ist nicht etwa auf das charakteristische Bild an sich zurückzuführen, sondern auf die Schlichtheit des Motivs. Ein Sarg von magnetischen Feldlinien umgeben. Die Idee wurde zwar mit der Digipack-Edition auf eine visuell höhere Stufe gestellt, aber zu Metallica passt der Stil irgendwie nicht.


Mich dazu zu verleiten, meinen Bass rauszukramen und mitzuzocken.
Kurz und knapp - Der Affe, der seit kurz nach St. Anger an den dicken Saiten zupft, ist mir weder sympathisch noch erscheint er mir musikalisch innovativ. Cliff Burton und Jason Newsted haben Maßstäbe gesetzt und mich hauptsächlich am Bassspielen gehalten. Sie haben immer gezeigt, dass sich der Bassist über die Band erheben kann. Der Bass trägt. Auch bei Truejillo. Bei Burton und Newsted trug er, und er deckte und erweckte - sie verstanden es, eine Bombe sanft einschlagen zu lassen und treibende Melodien zu erzeugen, die einem danach nie mehr aus dem Kopf gingen. Halbaffe Robert spielt unglaublich präzise Bass und gibt dem genialen Metallicasound ein Fundament. Mehr nicht.


Gescheite Promophotos zu inszenieren.
Zwei Stichwörter: Zähne fletschen, Sonnenbrillen.


An ihr altes Image anzuknüpfen.
Zwar erinnert die Hau-Drauf!-Attitüde des neuen Albums und der Liveshows ein wenig an die alten Zeiten, aber Metallica strahlen heute in eine ganz andere Richtung. Im Gegensatz zur biertrinkenden Proletenhorde mit Rockstarbewusstsein von damals sind Metallica heute besinnlicher und fast schon ein bisschen bescheidener. Sie wissen, dass sie die wohl bekannteste und einflussreichste Metalband aller Zeiten sind und das zeigen sie auch - nicht zu sehr und nicht zu knapp. Aber sie wissen auch, dass sie allmählich in die Jahre kommen und schrauben deshalb ein bisschen zurück - James ist trocken, Lars vernünftiger und insgesamt wurde die Band gemächlicher (was sich auch darin äußert, dass man ein halbes Jahrzehnt aufs neue Album warten durfte). Wahrscheinlich wirken die Promophotos deshalb so aufgesetzt.
Metallica stehen schon lange nicht mehr für Rebellion und Innovation. Viel eher sind sie eine lebende Legende, dies immer noch kann will, nein, vielleicht doch kann. Oder doch will?



Fazit:

Metallica haben mit Death Magnetic bewiesen, dass sie's immer noch drauf haben.
Es ist kein Hype, Metallica sind seit 27 Jahren eine Größe in der Musikgesellschaft (wassn Wort) - und das mit Recht! Sie haben Charakter und eine Facette davon offenbart sich innerhalb der 75 Minuten Spielzeit ihres neuen Werkes. An den Erfolg in den 80ern und 90ern werden sie wohl nicht mehr anknüpfen können, weil sie dazu einfach zu alt sind die alten Platten viel mehr das verkörpern, was Metal und Metallica eigentlich ausmacht. Metallica sind Legende.


MK.