Donnerstag, 15. Januar 2009

Eine Anarchie in meinem Innern



Ich hadere mit dem Thema. Wie immer. Aber wer sagt eigentlich, dass man ein Thema braucht? Oder vielmehr - Was ist denn schon ein Thema? Laut Duden:
„Gegenstand einer wissenschaftlichen Untersuchung, künstlerischen Darstellung eines Gesprächs o.Ä.“
Eine etwas komplizierte Definition. Aber eines weiß ich, eine wissenschaftliche Untersuchung führe ich nicht. Meinetwegen bewege ich mich auf einer künstlerischen Ebene. Darüber kann man streiten. Aber Gespräch? Nun. Vielleicht mit mir selbst. Aber haben Gedanken ein Thema? Manchmal vielleicht. Eines weiß ich dennoch, ein Thema ist bloß hinderlich. Es hindert meine Gedanken in voller Fülle auf dieses Blatt zu fließen. Ohne Thema dagegen kann ich frei auf allen Meeren und Ländern der Welt segeln, nichts hält mich auf, kein roter Faden hält mich fest. Was bedeutet schon „Nur Gedanken sind frei“? Nicht einmal jener alte und feine Grundsatz aus Zeiten der Deutschen Revolution 1848/49 stimmt. Das Thema unterbindet den freien Gedankengang. Es schränkt mein Innerstes ein. Diskriminiert meine Gedanken. Bei allen Argumenten, die für ein Thema sprechen – Nein. Das lasse ich nicht mit mir machen. Meine Gedanken gehören mir und sie werden nicht durch irgendwelche sinnlosen Themen gestört. Heute nicht. Stattdessen lasse ich meinen Gedanken den freisten Lauf.
Ich lasse sie heraus, lasse sie austoben, die Welt erkunden, Nachhall fordern, an fernen Ufern andocken, sich entwickeln und vermehren. Ich lasse ihnen allen nur möglichen Freiraum.. Niemand wird sie aufhalten. Nicht einmal ich selbst.
Eine Anarchie in meinem Innern.
Leider (?) werden zweierlei Dinge nie möglich sein: Alle Gedanken, wirklich alle, noch so kleine und große aufzuzeichen und ein realistisches Bild von meinem Innern zu liefern. Denn was ist schon meine Definition von groß zu deiner? Was genau stelle ich mir unter dem Farbton blau vor, was du?
Wörter sind sinnlos, wenn die Assoziation nicht vorhanden ist. Nehmen wir an du sagst einem Ausländer das Wort „Karte“. Er kann kein Deutsch, die Bezeichnung verkümmert zu einer aneinander Reihung von Lauten. Ähnlich bei einem Strichcode. Er gibt nichts über den eigentlichen Gegenstand preis. Ihr seid die Zuschauer dieses unspektakulären Spektakels. Ich lasse meinen Gedanken den freisten Lauf und weiß gleichzeitig, dass ihr nichts davon mitbekommt. Und trotzdem versuche ich euch ein realistisches Bild von meinem Innern zu liefern. Ich bin ein Narr, der versucht, dass das Unmögliche möglich wird. Ein verzweifelter Versuch? Trennen wir einmal Körper, Gedanken und Ich voneinander. Vielleicht will Ich, dass Ordnung in die Gedanken kommt, um diesen unaufhaltsamen Strom zu einer großen Kraft zu bündeln. Die Gedanken wollen aber alle heraus. Mein Körper dagegen möchte einfach nur schlafen. Es ist auch schon halb 11. Wem soll ich es recht machen: Ich, den Gedanken oder doch lieber meinem Körper? Mein Körper interessiert mich nicht, iIh hat mich heute schon den ganzen Tag genervt, also... lasse ich meine Gedanken zu Wort
(allzu großer und nicht nachvollziehbarer Wirrwarr sei bitte entschuldigt):




Ein wundervolles Stück, aber jetzt zum Schriftlichen:


Gestern war ich im Film „Sieben Leben“. Toller Film. Zu empfehlen. Aber ich möchte jetzt nicht mit einer langatmigen Rezension aufhalten. Schaut euch den Film an oder schaut ihn euch nicht an. Mit oder ohne Rezension, es liegt bei euch.

Ich habe geweint, während des Filmes. Im Kino. Vor aller Öffentlichkeit. Ich gebe es zu. Schande über mein Haupt. Aber Heulen, das tat ich nicht. Immerhin. Wieso weinte ich? Der Film ist ein dramatisches, unwirkliches Drama. Wieso fühle ich mich schlecht, wenn ich weine? Wieso verdammt?! Es soll mir peinlich sein. Ich soll meine Gefühle verstecken, bloß nicht zeigen, wie sehr mich der Film berührt. Und so tun es auch die meisten. Lachen stattdessen darf man. Man muss immer so tun, als sei alles perfekt. Als sei man glücklich. Auch im Kino. Aber bitte nur mit Grund Lachen, zum Beispiel in einer Komödie – in einer Komödie muss man lachen, dazu wurde sie schließlich geschrieben. Ein Drama dagegen wurde nicht zum Heulen geschrieben. Aber nie ohne Grund lachen, nachher lacht man als Einziger an der einen Stelle. Das wäre ja peinlich. Pfui. Gar nicht auszudenken wäre das.
Immer schön mit dem Strom schwimmen. Wieso ist es dem Menschen peinlich in der Gesellschaft und auch sonst Gefühle zu zeigen? Lacht man frei und fröhlich und scheinbar grundlos auf der Straße, erntet man schiefe Blicke von vorbei eilenden Passanten. Weint man, wird man belächelt oder noch besser anstandslos ignoriert.



Du wirst immer dann ignoriert, wenn du anders bist – anders als die Anderen. Wie habe ich mich denn zu benehmen, um dem Bild meiner Brüder und Schwestern zu entsprechen?

Der moderne Mensch, sieben universelle Verhaltensregeln:


Regel Nummero 1:

Eine möglichst emotionslose Miene aufsetzen, wenig Mimik gebrauchen.
(d.h.: Starr geradeaus gucken und nur wichtigen Angelegenheiten, sprich Verkehrsregeln etc., Beachtung schenken.)

Regel Nummero 2:

Gerade Haltung.

Regel Nummero 3:
Nur Menschen grüßen, die du persönlich oder geschäftlich kennst. Wenn nötig Smalltalk halten, dich dann mit der Entschuldigung (ernste Miene aufsetzen), in Eile zu sein, graziös aus dem Schlachtfeld der Unterhaltung zurückziehen. Zeit ist Geld.

Regel Nummero 4:

Möglichst unscheinbare Kleidung tragen. Wählbar zwischen den Kategorien „sehr schlicht“ und „edel“. Wichtig:

Unbedingt zu unterlassen sind grelle Farben (Zu empfehlen sind Blau/Grau/ Schwarz/Silber/Beige -und Brauntöne; für Frauen ist auch ein Oberteil in blassem Rosa, für Männer ein lachsfarbenes Poloshirt/Hemd angebracht.)

Keine übermäßigen Accessoires.

Keine verrückten Frisuren.

Zwar modische Kleidung, aber dezent gehalten.
Auf keinen Fall Jugendmode oder welche, die irgendeine Angehörigkeit zeigt (Band-T-shirts, Gothik, Punk etc.)

Überteure Luxusartikel (Rolex etc.) zwar besitzen, aber bedeckt halten. Nur in angebrachten und strategisch sinnvollen Momenten zum Einsatz kommen lassen.

-> Immer das Mittelmaß finden, dezent bleiben und Akzente setzen.

Regel Nummero 5:

Dir möglichst keine Eile anmerken lassen, gelassen bleiben und unter allen Umständen die Kollision mit Passanten meiden. (Gewalt-)Verbrechen gezielt aus dem Wege gehen, weder sich in eines verstricken (z.B.: Verkehrsunfall), noch sich auf sonstige Weise in eines involvieren (Zivilcourage etc.). Kontaktaufnahme mit Gesetzeshütern nur im ernsten Notfall.

Regel Nummero 6:
Keine Selbstgespräche führen, sowie alle Art von Schimpfwörtern unterlassen.
Gefühlsausrufe (Hurra, yeah, oh mein Gott) sooft wie nur möglich in Gespräche einfließen lassen, Übertreibungen sind hier durchaus angebracht.

Regel Nummero 7:
Nur so viel tun und handeln, wie unbedingt nötig – möglichst Kräfte sparen.


So. Das wären sie, die sieben universellen Verhaltensregeln, wende sie an und das Unheil wird dich nie mehr aufsuchen. Ob aus Ehrfurcht, Ekel oder einfach nur aus dem Grunde, dass du untergehst in der Masse, dich ihr anpasst, im Einheitswahn vergehst und letztendlich, das verlierst, was Gott, Schöpfer, Schicksal, Evolution oder was auch immer dir mit auf den Weg gegeben hat: deine Individualität.

Wenn ich den anderen aber folge, ihren Weg gehe und vielleicht mich verliere, verhalte ich mich dann wie ein Mensch, bin ich also menschlich?
Aber der Mensch ist doch individuell - ist also alles, was ich tue menschlich? Kann es dann überhaupt das Wort „unmenschlich“ geben?


Anika.

2 Kommentare:

Fishtank hat gesagt…

"Wieso ist es dem Menschen peinlich in der Gesellschaft und auch sonst Gefühle zu zeigen?"
-> Weil wir so konditioniert wurden. In diesem System geht Funktion über Menschlichkeit, wir werden gefühlslos erzogen,wie Maschinen die ihre Funktion ausüben. Ja es gibt Unmenschlichkeit. Aber keine natürliche sondern anerzogene.

Btw du konntest dein Gedankenchaos ganz gut präsentieren und frei nach Nietzsche "Nur wer Chaos in sich hat kann einen tanzenden Stern gebären" ist es gut sämtliche Schranken zu brechen und (sich) neu zu ordnen.
Wollt eigentlich noch auf mehr eingehen bin aber ziemlich müde und muss noch lernen.
mfg roman.

A.G. hat gesagt…

hej. danke für dein kommi fishtank. du hast wohl recht. leider.