Sonntag, 20. September 2009

Die Bundestagswahl 2009.



Über Politik zu reden ist oft mühselig und ermüdend, vor allem, wenn grundsätzlich verschiedene Meinungen aufeinanderprallen. Über Politik zu schreiben ist da reibungsloser, kann aber auch schnell mal ein Feuer entfachen, wenn Meinungen ins Spiel kommen. Da ich in letzter Zeit immer öfter danach gefragt werde, wen ich denn am 27. diesen Monats wählen möchte, oder ob ich einen Wahltipp hätte, habe ich beschlossen, mich zu diesem kleinen Beitrag aufzuraffen.

Die Frage danach, wen ich wählen werde, möchte ich zunächst zurückstellen. Vielmehr gehe ich der Frage nach einem Wahltipp nach. Wenn man sich eigentlich nicht so für Politik interessiert und daher eher weniger Überblick über die einzelnen Parteien hat, empfehle ich, sich mit dem Wahl-O-Mat auseinanderzusetzen. Und damit meine ich nicht, aus seiner dynamischen Meinung ein einfaches Ja - Nein - Neutral - Schema zu kreieren und anhand der ersten Auswertung zu meinen, seine Präferenzpartei gefunden zu haben. Auseinandersetzen heißt vor allem, sich über die 38 Fragen zu informieren, im ersten Durchgang zum Beispiel die Kommentare von mindestens zwei Parteien durchzulesen und daraufhin einen zweiten Durchgang zu starten. Viele, die mich auf den Wahl-O-Mat angesprochen haben, hatten die Linken als Top-Empfehlung - und da muss echt was schief gelaufen sein.


Die Parteien

Die CDU
ist eine konservative Partei, deren Wählerschaft eher im Ü40-Bereich liegt. Das nicht ohne Grund, denn sie bemüht sich stehts um Rentenerhöhungen vor den Wahlen und nennt sich - ganz unabhängig von ihrem Programm - christlich. Wen das noch nicht überzeugt, den überzeugt bei der CDU das kapitalistische Wirtschaften. Atomenergie ist zum Beispiel echt günstig, rein wirtschaftlich gesehen also sehr gut. Die Eingriffe in unsere Umwelt für diese Anlagen sind für die CDU verkraftbar. Würde es nach ihr gehen, würde das Wirtschaftswachstum bis in die Unendlichkeit hinauswachsen. Dass unser Planet nicht unendlich ist, ist... der CDU dabei völlig egal.

Die SPD ist die älteste Partei Deutschlands, gegründet aus Arbeiterzusammenschlüssen für mehr soziale Gerechtigkeit. Für die setzt sie sich auch heute noch ein. Eigentlich. Das Vertrauen der Wähler in die SPD spiegelt sich in den Wahlergebnissen und Prognosen der letzten Jahre und Monate wider. Nachdem Schröders Vertrauensfrage in die Hose ging und die Zeit der großen Koalition ihren Anfang nahm, folgte eine turbulente Besetzungskarusellsfahrt. Kurt Beck, Andrea Ypsilanti und viele andere Witzfiguren der SPD machten die SPD zu dem, was sie heute ist; ein Lager aus verschüchterten Weicheiern, die letztendlich für diese Wahl unter Frank-Walter Steinmeier einen Deutschlandplan vorlegte, der - nunja...

Die Grünen legen ihren politischen Schwerpunkt auf Gleichberechtigung und Umweltschutz. Das hört sich schonmal ganz gut an, und das ist es auch, nur kann ein solches Programm kein Land regieren. Was wiederum auch nicht schlimm ist, weil die Grünen sowieso als Anhängselpartei zu verstehen ist, die der Regierung mit der zugehörigen Großpartei einen grünen Touch verleiht. So gesehen macht es Sinn, die Grünen zu wählen, wenn man von ökologischem Wirtschaften, also gegenseitiger Rücksichtnahme und Umweltschonung überzeugt ist. Zu ihren Gründungszweiten war ihr Emanzipationsprogramm noch maßgebend, mittlerweile ist es jedoch eher lächerlich, eine gesetzliche Frauenquote in "Männerbreufen" einführen zu wollen. Auch die komplexe Versteuerung von dicken Autos nach Abgas oder Treibstoffverbrauch empfinde ich als grün: hinter den Ohren. Was man den Grünen aber lassen muss, ist, dass sie es verstehen, Grün nicht als alltagsfremden Hippietrend zu verkaufen sondern als gesellschaftsfähigen Lebensstil.

Die FDP ist eine Spaßpartei. Sie will nicht Freiheit, sondern freie Willkür - und das ist etwas anderes, nämlich zu tun und zu lassen, was sie will. Gewissermaßen kann man sie deshalb als Spaßpartei bezeichnen. Zumal Frau Dr. Koch-Mehrin das europäische Parlamentsmitglied mit der höchsten Abwesendheitsrate ist. Wenn man sich mal Herrn Westerwelle näher anschaut, wirkt er doch eher wie ein kleiner Schauspieler als ein ernstzunehmender Politiker. Man stelle sich ihn als Bundeskanzler vor. Wer also denkt, achja, mal sehen, was so passiert, der wählt FDP.

Die Linke ist noch gar nicht so alt. Sie ist im letzten Jahr so stark geworden, weil sie immer noch mehr soziale Gleichschaltung will. Wenn die Grünen einen Mindestlohn von 7,50 Euro möchten, dann möchte die Linke 8 Euro. Wer sich mal nach Wahlplakaten umschaut, merkt, dass diese Partei stark von der östlichen Politik geprägt ist. Kommunismus und so. Hat bisher noch nie so richtig funktioniert, in Deutschland zum Beispiel seit 1989 nicht mehr. Wer trotzdem meint, man solle sich Bereichern, indem man den Reichen ihr Geld nimmt, dann wählt man Links.

Die PARTEI ist die Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative. Als Satireprojekt gegründet und nun gewillt, in den Bundestag einzutreten um als extreme Mitte Deutschland eine echte Demokratie durch regelmäßige Volksentscheide zu bringen. Leider wegen Unfähigkeit des Bundeswahlleiters an diesem Vorhaben gescheitert, nimmt die 5000 Mann starke Kleinpartei den Kampf auf und hat vor, die Wahl als ungültig zu erklären um anschließend bei der Neuwahl antreten zu können.

Die Piratenpartei ist die jüngste aller hier genannten Parteien. Zumindest in Deutschland, denn gegründet wurde sie in Schweden, um anschließend international in sämtlichen Ländern mitzumischen. Besonderes Interesse wecken die Piraten durch ihr spezifisches Wahlprogramm. Im Gegensatz zu den Volksparteien haben sie das Internet als wichtigen Gesellschaftsbestandteil erkannt und fordern eine Reform diesbezüglich. Vor allem das von CDU und SPD eingeführte Zugangserschwerungsgesetz sowie die Massendatenspeicherung, die jeden deutschen Bürger als potenziellen Terroristen einstuft, möchten die Piraten rückgängig machen. Die einen sagen den Piraten großen Erfolg voraus, andere halten sie für eine unbedeutende und zeitlich begrenzte Erscheinung. Wer gebührenlose Bildung, lockerere Urheberrechte, zuverlässigen Datenschutz und Bürgerrechte wichtig findet, wählt die Piraten.


Wie wählen?

Man hat zwei Stimmen. Eine ist für einen Kanditaten aus dem jeweiligen Wahlkreis verschiedener Parteien und die andere für die die Parteien selbst.
Bei der Erststimme wählt man grundsätzlich entweder die CDU oder die SPD-Kandidaten, denn Chancen auf ein Mandat haben andersparteiige nur in sehr wenigen Wahlkreisen. Huierbei muss man sich nur zwischen konservativ (CDU) und sozial (SPD) entscheiden. Bei der Zweitstimme wählt man die Partei, die man toll findet.

Nun muss man jedoch bedenken, dass eine Regierung aus Parteien mit stimmlicher Mehrheit gebildet wird, also aus Parteien mit mindestens 299 Sitzen im Bundestag. Sitze werden prozentual anhand der Zweitstimmen berechnet (grob gesagt zählen die Erststimmen-Direktmandate dabei auch dazu), bekommt eine Partei z.B. 30% der Stimmen, bekommt sie 30% der 598 Sitze, also 179 an der Zahl. Das reicht noch nicht für eine Mehrheit, deshalb gehen Parteien Koalitionen untereinander ein. Stammkoalitionen sind SPD/Grüne und CDU/FDP, die sich quasi entgegenstehen. Nun kann es passieren, dass weder SPD/Grüne noch CDU/FDP Mehrheit erlangen, wie es bei der letzten Wahl passiert ist und wie es dieses Jahr wieder geschehen kann. Letzte Wahl einigte man sich auf eine große Koalition zwischen CDU/SPD, die mehrheitlich als Unsinn aber einzige Möglichkeit angesehen wurde. Durch den Eintritt der Linken in das Parlament ergeben sich weitere Koalitionsmöglichkeiten. Wie wäre es also, eine sechste Partei in den Bundestag zu wählen? Voraussetzung ist die Überwindung der 5%-Hürde, also dass die jeweilige Partei 5% der Wählerstimmen erhält.

Ich denke, dieses Jahr wird es viele taktische Wähler geben, also diejenigen, die z.B. eine weitere große Koalition oder Schwarzgelb verhindern möchten, ohne dabei eine spezielle Parteienpräferenz zu haben.

Um nun also auf den Punkt zu kommen:
Meine Empfehlung für jeden unentschlossenen Wähler ist, eine Kleinpartei zu unterstützen. Die Begründung ist einfach. Kleinparteien passen bieten individuellere Programme als die großen Parteien, die es sich nicht erlauben können, spezifisch zu sein. Die kleinen Parteien haben meist ein bestimmtes Anliegen, anhand dessen ihr sie als eure Meinungsvertreter identifizieren könnt. Zwar trägt die Stimme nicht zur Sitzverteilung im Bundestag bei, aber verloren ist sie deshalb nicht. Jede Partei ist von Wählerstimmen abhängig, auch jede noch so kleine. Je mehr Stimmen sie in der Wahl davor hatte, entscheidet über eine Partei, ob man ihr eher zutraut, bei der nächsten Wahl näher an die 5% zu kommen. Die Stimmenanzahl wächst also Jahr für Jahr, je nachdem, wie viel Prozent sie bei der vorausgehenden Wahl ausmachte. Besondere Chancen schreibe ich dieses Jahr den Piraten zu - ihr anliegen betrifft gewissermaßen alle Internetbenutzer und Menschen, die ihre Bürgerrechte erhalten sehen wollen. Da die Piraten sonst kein ausführliches Programm haben, gibt es bei ihr auch kein Haken an der Sache. Wenn die Piraten über 5% kommen, ergeben sich neue Koalitionsmöglichkeiten, die mit hoher Wahrscheinlichkeit mehr Früchte tragen können als unsere bisherige große Koalition. Womit ich auch schon bei der zweiten Frage wäre:


Wen ich wähle.

Ich war lange Zeit zwischen den Grünen und den Piraten hin und hergerissen. Da die Grünen mich gegen Ende des Wahlkampfs aber eher enttäuscht haben, wohingegen die Piraten immer mehr zu überzeugen wussten, steht meine Entscheidung heute, eine Woche vor der Wahl, fest: Ahoi!



Ich wünsche jedem von euch, dass er von seinem demokratischen Grundrecht Gebrauch macht und nächsten Sonntag wählen geht. Wählt nicht irgendwas, sondern informiert euch gründlich über die Parteien, die zu wählen sind, redet vielleicht mit Freunden, Familie und Bekannten darüber.
Der Aufwand ist es auf jeden Fall wert.


MK.

2 Kommentare:

Fishtank hat gesagt…

"Yoho, yoho...", wenn das so weitergeht, das jeder in meinem Bekanntenkreis Piraten wählt, bin ich zuversichtlich, dass sie die 5% Hürde knacken können. Sehr gute Entscheidung (mal abgesehen, dass ich noch nicht wählen darf -.-) hätte mich auch zwischen Piraten und Grünen entscheiden müssen.

mfg.

A.G. hat gesagt…

echt guter eintrag! auch wenn ich nicht die piraten wählen würde.
aber wurscht, bin eh minderjährig. jede stimme zählt, als ob. xD
naja! hau rein! =D