„Ich bin hier“, schrie Ameise.
Sie hockte auf dem grünen Sessel, die Arme um die dürren Beine geschlungen. Es war ein düsterer Tag, der Himmel war mit schweren, grauen Wolken verhangen und dichter Nebel umhüllte die grünen Hügel. Geräusche schienen gedämpft, als läge die Welt in tiefem Schlaf. Es regnete. Sanft und plätschernd wie ein Bach, tippte und tappte er auf Pflanzen und Erde. Eine ruhige Stimmung. Gemütlich vielleicht? Die Decke war Ameise von den Knien gerutscht. Sie hockte auf dem Sessel und zitterte am ganzen Leib. „Brot“, schrie sie. Ein verzweifelter Schrei, ein einsamer. Keine Antwort. Sie war allein.
An diesem gemütlichen Tag, ganz allein. „Wo ist Brot?“, fragte sie sich. „Wo?“ Ihr war zu kalt, um aufzustehen, zu kalt, um die Decke aufzuheben. Sie saß einfach nur da und ließ die Welt an sich vorbeiziehen. Sie sehnte sich nach Zweisamkeit. Die Gemütlichkeit machte Ameise einsam und ängstlich.
„Jetzt sterben“, dachte sie. „Jetzt“, dachte sie. „Wenn ich jetzt aufstehen würde, dann..“ Ein Bild erschien in ihrem Kopf. Ein Messer, das sie sich an ihre Kehle hält. Dann noch ein weiteres Bild. Eine riesige Blutlache um ihren toten Körper, Brot, das verzweifelt neben ihr niedersinkt. „Nein“, schrie Ameise und „Brot!“. Der Regen schlug sachte gegen ihr Fenster.
„Soll ich ihn hineinlassen?“, fragte sie sich und öffnete in Gedanken das Fenster. Der Himmel war immer noch grau. Der Regen wurde stärker, prasselte ins Zimmer, auf die Decke und ihre Füße. Ameise kletterte aus dem Fenster. Ihre Füße landeten im nassen Gras. „Hallo Regen“, sagte sie. „Willst Du zu mir hereinkommen? Ich habe Kuchen und Tee.“ Der Regen nickte. Die Ameise streckte dem Regen ihre Hand entgegen. „Ich heiße Ameise. Komm, ich bring Dich hinein.“
Der Regen saß mit Ameise auf dem Sofa. Sie aßen Kuchen, unterhielten sich leise und schauten aus dem Fenster. Die Wolken hatten sich verzogen. Der Himmel war blau, die Sonne schien und die Vögel zwitscherten. „Der Regen ist fort“, sagte Ameise zum Regen.
„Ich bin hier“, erwiderte der Regen. „Stimmt", sagte sie und grinste.
Donnerstag, 11. Juni 2009
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