Donnerstag, 20. August 2009

Die Geranienfrau

Die Schule hat wieder begonnen und mit ihr die SEK2, die Oberstufe.
Viele neue Impressionen, vor allem die eines Stundenplans, der mich zwei Mal bis 17:10h in der Schule einsperrt. Eine weitere Impression umfasst das Mysterium der Geranienfrau.


Die Geranienfrau heißt eigentlich Frau Frieling. Sie ist meine Kunstlehrerin und trug am gestrigen Tage - der Tag unserer ersten Begegnung (auch erste Kunststunde der SEK2 genannt) ein rosa T-shirt. Des Weitern hat sie kurze blonde Haare, ein leicht miesepetriges Gesicht, das sich nicht allzu selten zu einem freundlichen und etwas gekünsteltem Lächeln verzieht; insbesondere, wenn ein Bild gelobt wird. Dazu muss gesagt werden, dass Bilder immer gelobt werden, ganz gleich, in welchem Stadium sie sich befinden. Sätze wie "Oh ist okay, wirklich gut!", oder "Für den Anfang schon ganz prima!" zirkulieren in regelmäßigen Abständen durch die Reihen. Dieses Lob ist, neben der zu nennenden Aufgabenstellung und Benotung der Werke, ihr Job. Hilfsbereit wie man ist, möchte man ihr diesen noch erleichtern und fantasiert, dass herumgehen und loben zu übernehmen.

Kann doch jeder, denkt man sich. Nun, vielleicht fehlt uns Schülern das allzu überzeugende Lächeln (hust) oder sonst irgendeine autoritäre oder weniger autoritäre, vielmehr überzeugende oder emotionale oder rationale Charaktereigenschaft, die erst nach dem Studium von Kunst und Pädagogik einzusetzen vermag. Man weiß es nicht, ist sich aber sicher, dass das vierwöchige Zeichnen seiner Hände eine in jedem Falle schöne und atemberaubende Beschäftigung wird, die sicherlich viel Kreativität und Energie freisetzt - kurz, für eine spannungsgeladene Atmosphäre sorgt. Mancheiner wird behaupten, für die Kunst sei eine ruhige Stimmung das einzig Richtige, andere aber vertreten den Standpunkt, Ruhe in Unterrichtsräumen mit einer 50+ Geranienfrau und 30 unmotivierten Schülern führe für jeden Beteiligten zu Langeweile.

Warum nun aber der Name Geranienfrau? Nichts leichter als das. Die fünfminütigen kreativen Pausen, die man nach eigenem Gutdünken einlegen darf, bringen die Kreativität tatsächlich zum sprudeln. Das rosa T-shirt, Hitze und stickige Luft, sowie das zu lange Betrachten und Untersuchen der Hände, als auch das monotone Gebrumme der Schüler, regt die Fantasie an. Man versucht sich den Lehrer als Menschen vorzustellen. Ein zuweilen schwieriger Versuch mit dem Ergebnis, dass Frau Frieling, sollte sie tastächlich mehr als nur eine Lehrerin sein,..

jeden ihrer Nachmittage da mit verbringt, verblühte Knospen ihr rosafarbenen Geranien abzuzupfen.

Oh ja. So ist es.