Sonntag, 30. November 2008

Deutschland sucht den Superstar.



Mal abgesehen davon, dass die logisch korrektere Abkürzung DSDSS im Hinblick auf vergangene Ereignisse problematisch erscheint, finde ich den Satz "Deutschland sucht den Superstar" überaus untragbar.


Deutschland, was für ein Land. Es hat eine so trächtige Geschichte, hat so viele international angesehene Persönlichkeiten zustande Gebracht. Im Erfinder- und Entwicklerbereich sind wir an der Spitze, die Anzahl der Nobelpreisträger pro km² Landesfläche ist in Deutschland die höchste. Dass Nationalstolz in Deutschland daher seine Begründung hat, ist klar(, ebenso, dass es zu nichts führt, damit zu übertreiben). Dass ein deutscher Schüler, der für ein Jahr einen Schulaustausch in der USA macht, dort in seiner Altersklasse völlig unterfordert ist, ist auch kein Geheimnis. Deutsche Standards sind nunmal hoch, in jeder Hinsicht. Wir haben das sauberste Trinkwasser, fast schon eine Gesundheitsdiktatur, seit neuestem auch den staatlichen Service eines kompletten Datenbackups für jeden PC mit Internetanschluss. Was wir alles haben, was wir alles sind. Wir sind Papst, wir sind Oscar, wir sind WeltmeisterIn, wir sind Deutschland. So sieht's aus.

So etwas sagen zumindest die heutigen Generationen über Deutschland. Ein Deutscher aus einem anderen, weniger Medienorientierten Jahrhundert würde beschämt den Kopf schütteln. So auch diejenigen aus unserem Jahrhundert, die es geschafft haben, die Werte beizubehalten, die Deutschland so angesehen gemacht haben. Damit meine ich nicht angesehen im popularistischen Sinne, sondern im Sinne des Respekts und der Wertschätzung. Diese wenigen, die nicht das Wesentliche aus den Augen verlieren und zu Höhenflügen neigen, die wenigen, die verstehen, was es bedeutet, Respekt und Wertschätzung zu üben. Von Künstlern bis hin zu Intellektuellen, von Politikern bis hin zu den fleißigen ehrenamtlichen Helfern in allen Lebensbereichen. Von Musiker bis Maler, von Dichter bis Schriftsteller, sie alle haben die Verantwortung, den Konsumierenden nicht mit hirnlosem Müll einzudecken. Viele sind dieser Bürde gewachsen, viele nicht.

So zum Beispiel die Redakteure bei RTL und Konsorten, die einen Superstar für Deutschland suchen, ein Deutschland, wie man es gar nicht wahrnehmen oder kennen dürfte. Welches Deutschland sucht bitte einen Superstar? Unser traditionsreiches Land mit einem unheimlich gigantischen Potential? Oder eher das RTL-Medienabhängige-Gehirnausschalt-Deutschland? Welches ist nun eigentlich das richtige Deutschland?


Dann "suchen". Sucht Deutschland einen Superstar? Wozu? Hat es seine "Superstars" nicht schon gefunden? Oder sucht Deutschland nicht ständig Superstars? Braucht Deutschland denn überhaupt zu suchen?
Na was heutzutage nicht alles gesucht wird...


Ganz besonders Kritisch ist ja der Superstar-Begriff.
Was ist denn bitte ein Superstar? Was macht aus einem Star denn bitte einen Superstar? Aus was wird überhaupt ein Star gemacht? Seit wann brauchen wir eigenlich einen derart hässlichen Anglizismus?
Was muss jemand denn für Anforderungen erfüllen, um als Star zu gelten? Und was wird dann erst von einem Superstar erwartet?
Wenn ein Superstar jemand ist, der vom Himmel auf jeden herunterscheint, also übertragen gesehen jemand, der allein durch seine Existenz von allen Leuten Aufmerksamkeit erlangen kann, dann wäre ja zum Beispiel Edmund Stoiber ein Superstar. Oder Jesus.
Oder der Dalai Lama. Und George Bush.
Oder Alexander Klaws und Mao Tze Tung.
Che Guevara und Angela Merkel.
Jaja, unsere Superstars.
Was war ein Superstar noch gleich?
Wer bestimmt eigentlich, wann jemand ein Superstar wird?
Achja. Durch anrufen.
Ganz Demokratisch...

Es ist immer wieder gut, dass ein RTL-Publikum Deutschland repräsentieren kann und unter demokratischen Grundsätzen einer Wahl einen Superstar wählen kann....

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Deutschland sucht den Superstar, Deutschland sucht das Supertalent, die 10 hässlichsten, dümmsten, peinlichsten Fernsehshows, Popstars.

Ich finde solche Programme moralisch nicht vertretbar.

Nicht nur weil man ein in Frage stellbares Deutschland einen in Frage stellbaren Superstar ertelefonieren lässt.

Sondern auch, weil man durch eine authentische und ernste Aufmachung im Fernsehen (nicht nur) den (weniger bemittelten) Zuschauern suggestiert, dass es gut ist, also Spaß macht und unterhaltsam ist, ohne, das jemand zu Schaden kommt, einen Superstar zu suchen.

Es heißt, es sei harmlos, am Samstag Abend mal abzuschalten und sich mit diesen Shows berieseln zu lassen.

Man sagt mir, ich würde übertreiben, wenn ich sage, dass Castingshows in Hinsicht auf ihre moralische Fragwürdigkeit verboten werden sollten.


Ich finde es nicht harmlos, seinen Zuschauern solch elitäre und propagandistische Ideale zu präsentieren. [Nehmt diesen Satz mal auseinander.]

Ich finde es nicht übertrieben, wenn ich sage, dass es verboten gehört, Menschen aufgrund ihrer Massentauglichkeit ein Supertalent zuzuschreiben. Personenkult kennen wir aus anderen Zeiten, aber vielleicht gar nicht so unähnlichen Zusammenhängen.

Ich finde es nicht übertrieben, wenn ich sage, dass es verboten gehört, Kinder dazu zu inspirieren (Faszination - Inspiration - Imitation), ein Superstar werden zu wollen, wenn man ihnen solche Ideale vorsetzt. Diese Mediendominanz führt auf scheinbar harmlose Weise zur weniger harmlosen Volksverdummung.

Diese Bereitschaft, sein Denken (wenn auch nur für kurze Zeit) auszuschalten, lässt sich leicht ausnutzen.
Ich sage, es ist gefährlich, sich "einfach nur berieseln zu lassen", man sollte ein Programm wie Deutschland sucht den Superstar stets kritisch betrachten. Oder garnicht :D

Die Jury suggestiert ganz fleißig und stellt eine Top-Ten zusammen, aus denen man dann wählen kann. Wollt ihr den totalen Krieg? Oder wollt ihr lieber nur in Polen einmarschieren? Ihr demokratisches Volk dürft ganz unabhängig von den drei Führern für euren Favoriten anrufen, ganz freiwillig und nach eigenem Ermessen und Gewissen. Achja.

Und ich will gar nicht so sehr auf den Superstars rumhacken.
Galileo ist auch dumm wie scheisse.
Vorgekautes Scheinwissen lässt sich ganz schön leicht verdauen.
Sendungen wie Welt der Wunder (diesen Satz könnte man auch wieder einen ganzen Beitrag lang auseinandernehmen) oder Galileo suggerieren ja quasi, dass man auf ganz einfache Art und Weise das wahre und wissenschaftlich fundierte Wissen aufnehmen kann, in dem man sich die Sendung anschaut. Achso, Wale können jahrelang die Luft anhalten. Wieder was gelernt.
Nunja. Man fühlt sich schlauer, hat aber im Grunde nichts gelernt.

Oder die Spielfilme.
Wie oft wird die Liebe in schlechten deutschen Filmen idealisiert?
Wie oft geht in Filmen die Welt unter oder wird von einer Katastrophe heimgesucht?

Das ist nicht unterhaltsam oder zeitvertreib, das ist die Saat von falschen Erwartungen und Paranoia!!

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Ich finde, vieles im deutschen Fernsehen gehört verboten.
Denn durch die wesentlich einfacherer Methode, nämlich der Aufruf zum eigenständigen Denken, wird dadurch wertlos, wenn eine Sendung sich selbst so darstellt, als wäre es gut, dass sie für einen das Denken übernimmt.

Zu dumm, dass Sender wie RTL, Sat1 und Pro7 einen Besitzer haben.
Was viele nicht wissen; die großen Parteien im Bundestag werden zum Teil von den Gewinnen dieser Sender finanziert...

Also lieber mal die Glotze auslassen und sich auf sich selbst besinnen.
So wird jeder sein eigener "Superstar".

Denn im Spiegel gibt es so viel mehr zu entdecken als in einer Mattscheibe.


MK.