Dienstag, 7. Oktober 2008

Filmkritik: Der Baader Meinhof Komplex.

Zu der hervorragenden Leistung der Schauspieler und des ganzen Filmteams muss ich - glaube ich - nichts sagen.
Nichts, was ich einleitend formulieren könnte, würde dem Film als ganzes gerecht werden.
Je einen halben Punkt von der Höchstwertung ziehe ich bei meiner Wertung für folgende vier Unstimmigkeiten ab.



1.) Der Film ist zu schnell.
Die Todesrate in diesem Film liegt in Hinsicht auf die Inhaltsrate viel zu hoch. Sämtliche Charaktere tauchen viel zu zusammenhanglos und plötzlich auf; ohne Hintergrundwissen irritiert es zum Beispiel, dass auf einmal Brigitte Mohnhaupt mit Baader und Co. in Stammheim sitzt.
Noch irritierender ist der Handlungsstrang "Petra Schelm". Ihr Gesicht sieht man ab und zu kurz zwischen denen der Hauptakteure, ohne auch nur eine Zeile zu sagen wird sie erschossen und im "Hauptlager" fließen Tränen wie sonst nie. Warum? Ach, der Film geht ja schon wieder w-- BUMM, Schuss, Schrei. Zeit bleibt nicht, um die (eigentlichen Hintergründe der) Charaktere zu erfassen. Allerdings würde es noch mehr überfordern, wenn man zusätzlich zu jedem neuen Charakter eine Einführung einfügen würde. Das würde den ohnehin schon 150 Minuten langen Film nur unnötig belasten und den roten Faden ziemlich vernachlässigen. Aber insgesamt wünscht man sich dann doch ein wenig mehr Auseinandersetzung mit den Hintergründen und Idealen, und dem Urpsrung der Bewegung.

2.) Der Film konzentriert sich zu sehr auf die RAF-Seite.
Wie rezepiert eigentlich die Welt diese Aktionen?
Das ist eine Frage, die der Film nicht beantwortet. Was die RAF bewirkt hat, was sie bewegt hat. Ist nicht genau DAS doch eigentlich das Interessante? Wie versteht man diese Taten heute? Darüber gibt der Film keine Auskunft, er endet mit dem Deutschen Herbst, nicht mit der tatsächlichen offiziellen Auflösung der Organisation.
Vielleicht ist es auch besser so, dass der Film nicht reflektierend wirkt. Eichinger ist nicht der Mann für sowas.
Der Film beleuchtet hauptsächlich die Seite der RAF - die Fragen, die er stellt, sollte man sich dann wohl lieber selbst stellen und keinem Eichywood-Produktionsteam. Der Film regt eine große Diskussion an.

3.) Der Film vernachlässigt die Opfer der RAF.
Ein bekanntes Problem ist es, dass die Opfer viel zu kurz kommen. Wer auch immer von einer Kugel erfasst wird, bleibt eben auf der Strecke. Ist doch selbstverständlich, dass es Opfer gibt, was?
Hin und wieder kommt es zwar vor, dass die Familie/Frau eines Opfers gleich die Tür hereinstürmt und aufheult während sich die Täter sogleich aus dem Staub machen. Der nächste Schnitt beschäftigt sich jedoch dann eher mit der Flucht als mit dem Verbleib des Opfers.
Gewalt und Mord werden in gewisser Weise selbstverständlicht - da hätte man mit ein wenig mehr Feingefühl agieren können.
Aber wie auch in Punkt 1 und 2 wäre der Film dadurch wieder um eine Facette reicher geworden, die vom Titelthema Baader-Meinhof-Komplex ablenken und den Film weiter in die Länge ziehen würde.

4.) Der Film wirkt teilweise übertrieben.
Die ersten Szenen des Films behandeln eine Demonstration gegen den Schah, bei dem die Polizei auf die unbewaffneten Demonstranten einschlägt, was darin endet, dass der pazifistische Student Ohnesorg von einem Polizisten erschossen wird. Allein das war schon so derart in Szene gesetzt, dass man zu Beginn des Films nicht anders kann, als die RAF sympathisch zu empfinden. Immer wieder erliegt und unterliegt die eigene Stellungnahme stark der Stimmungmache des Films. Der Vorsitzende im Prozess wird als Arschloch dargestellt. Ich möchte einen Zuschauer sehen, der ihn wirklich sympathisch fand. Das ganze Filmempfinden ist suggestiv, die Emotionen werden gezielt manipuliert um Drama zu erzeugen. Ich finde, dass an den meisten Stellen zu dick aufgetragen wurde, was das betrifft.

Fazit.
Der Baader Meinhof Komplex ist ein Film, der aufrüttelt, Fragen stellt und offen lässt. Er regte schon vor seiner Veröffentlichung Diskussionen an und wird mit Sicherheit noch über lange Zeit Auslöser für Auseinandersetzungen sein.

Dass ein Film soetwas schafft, verdient in meinen Augen einen Pluspunkt, was meine Wertung auf satte 9 Punkte erhöht.
Hut ab.


MK.